Licht & Weite

Leere ist noch keine Weite.

Weite ist ein zentrales Motiv in der Landschaftsfotografie, nicht nur als räumliche Ausdehnung, sondern als Gefühl. Weite vermittelt Freiheit, Atem, Orientierung. Klassische Motive sind das Meer, der weite Strand oder die flache Landschaft mit dem einsamen Baum am Horizont.

Doch was macht ein Bild wirklich weit? Es ist nicht allein der Horizont oder das Panorama – es ist das Licht, das die Weite sichtbar und spürbar werden lässt. Und warum spricht man dann von den »Weiten des Weltalls«, wenn dort doch die Dunkelheit zu regieren scheint? Ganz einfach: weil diese Weite nur sichtbar und erkennbar wird, weil das tiefe Schwarz durch die vielen leuchtenden Sterne durchbrochen wird und so an Tiefe und Kontur gewinnt. Eben durch das Licht.

Auf der Erde zeigt sich Weite vielfältiger: wenn das Licht offen über eine Landschaft zieht, wenn es sich auf Hügel legt, durch Täler fließt, die Wolken zwischen Himmel und Erde durchdringt oder über das offene Meer bis zum Horizont glitzert. Weite bekommt Raum, Atmosphäre, Richtung. Sie wirkt nie beliebig, sondern ist geprägt von Stimmung – manchmal klar und kühl, manchmal flirrend und diffus. Ein Sonnenstrahl, der eine Ebene streift, kann das Auge lenken und ein Schatten am Boden kann neue Perspektiven erschließen. So wird Licht zum Schlüssel, der die Weite der Landschaft erfahrbar macht.

Auch im Leben sehnen wir uns häufig nach Weite – nach innerem Raum, nach Möglichkeiten, nach neuen Perspektiven. Und auch hier entscheidet oft das Licht im übertragenen Sinne: Habe ich genug Klarheit, um das große Ganze zu sehen? Habe ich Luft zum Atmen, zum Denken, zum Sein? Oder bin ich gefangen im engen Blick, im Schatten der Umstände?

Weite bedeutet keinesfalls Leere. Sie ist ein Versprechen auf Bewegung, auf Horizont, auf Veränderung. Manchmal benötigt es nur einen kleinen Moment des Lichts, um die Weite zu entdecken, die längst da war.

Bilder und Text: © 2025 Michael David

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